Page 226 - Handbuch Digitalisierung (2. Ausgabe)
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Kapitel 3.9 / (I)IoT & Industrie 4.0 Chancen für neue Geschä smodelle Die wohl gewaltigsten Potenziale durch das IoT liegen in der Entwicklung neuer Ge- schä smodelle. Experten nennen drei Mög- lichkeiten, die sich den Unternehmen erö - nen: 1. Bestehende Produkte mit IoT-Zusatz- services zu versehen; 2. neue Produkte mit IoT-Funktionen zu entwickeln; 3. produkt- lose „Smart Services“ zu scha en. Die erste Variante ist die wahrscheinlich anspruchs- loseste, kann aber die Kundenbindung ver- stärken und den Umsatz erhöhen und soll- te somit Ziel der IoT-Strategie in Unterneh- men sein. Ein bestehendes Produkt wird um IoT-Funktionen erweitert. Beispiele sind der Drucker, der feststellt, wann sich der Toner leert, und eine eigene Bestellung aufgibt, oder der Geschirrspülautomat, der ebenfalls selbstständig neue Geschirrspültabs nach- bestellt. Anspruchsvoller ist die zweite Va- riante, bei der neue Produkte mit IoT-Fea- tures entwickelt werden. Ein Beispiel wäre das selbstständig fahrende Google-Auto. Für Unternehmen, in diesem Fall den Internet- riesen Google, erö net sich die Möglichkeit, in fremde Märkte einzudringen und Markt- anteile zu erobern. Deutlich spürbar ist der Trend vieler Unternehmen vom Produktan- bieter zum Serviceanbieter. Dieser Trend ba- siert auf der Annahme, dass viele Kunden bestimmte Dinge nicht besitzen, sondern einfach einen Service nutzen wollen. Findi- gen Unternehmern erö net das IoT zudem die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit eta- blierte Unternehmen zu verdrängen und zu Marktführern aufzusteigen. Umgekehrt sind etablierte Unternehmen gefordert, Szenari- en zu entwickeln, wie sie sich an der Spitze behaupten können. HANDBUCH DIGITALISIERUNG Entwicklung IoT-spezi scher Geschä s- modelle: Ein Vier-Phasen-Modell Wie aber Ansätze entwickeln, um IoT-spezi-  sche Geschä smodelle zu entwickeln? Der Wissenscha ler Dominik Bilgeri u. a. haben dafür ein Workshop-Modell entwickelt, auf das Unternehmen zurückgreifen können. Es besteht aus vier Phasen: der Ideation, der Prä- paration, der Evaluation und dem Skaling. Am Anfang steht die Ideenentwicklung. Das mög- lichst interdisziplinär zusammengesetzte und hierarchiefrei diskutierende Team sollte Vor- festlegungen vermeiden und „iterativ“ vorge- hen. Sinnvoll ist es, auf bewährte Techniken wie das Design  inking zurückzugreifen. Design- inking-Prozesse gliedern sich, ge- nerell gesprochen, in folgende Punkte: verste- hen, beobachten, Sichtweise de nieren, Ideen  nden, Prototyp entwickeln, testen. Was be- deutet dies nun konkret für die Entwicklung eines IoT-spezi schen Geschä smodells? Aus- gehend von einer grundlegenden „Vision“ wer- den in der ersten Phase der Ideen ndung im Brainstorming mehrere Ideen entwickelt, die in einer Longlist zusammengefasst und bewer- tet werden. Diese wird auf eine Shortlist redu- ziert. In der zweiten Phase werden diese Ide- en der Shortlist im Hinblick auf die Kunden- perspektive sowie auf die Beziehungen zu den „Stakeholdern“, also zum Beispiel Lieferanten, Investoren, breite Ö entlichkeit, analysiert. Fragestellungen wären etwa, welche Fähigkei- ten zur Umsetzung im Unternehmen benötigt werden, welche Vorteile sich für Geschä spart- ner ergeben, welche notwendigen Fähigkeiten die Geschä spartner mitbringen. Das Ganze wird zu einer Business-Case-Betrachtung ver- dichtet. In der dritten Phase erfolgt die Prüfung der erarbeiteten Geschä smodelle, zu der auch 226 


































































































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