Page 155 - Handbuch Digitalisierung (2. Ausgabe)
P. 155
HANDBUCH DIGITALISIERUNG Kapitel 3.1 / New Work & Arbeiten 4.0 freigegeben wurden (z. B. Einträge in sozialen Netzwerken), zum anderen besteht die Ge- fahr, dass Computeralgorithmen zur systema- tischen Diskriminierung beitragen, indem sie z. B. Menschen, die einen bestimmten Akzent sprechen, negativ bewerten. Auch juristisch ist der Einsatz der künstlichen Intelligenz keineswegs unproblematisch. Der Gesetzgeber verbietet die wahllose Sammlung von Informationen, die letztlich keinen Bezug zur beru ichen Leistung aufweisen. Darüber hinaus ist es nicht zulässig, Auswahlentschei- dungen allein von einem Computer tre en zu lassen. Erste, bislang noch nicht verö entlichte Stu- dien zeigen überdies, dass der Einsatz der künstlichen Intelligenz dem Ansehen des Un- ternehmens in den Augen der Bewerber scha- det. Dies ist insbesondere in Zeiten des Fach- krä emangels mehr als bedenklich. Viele Un- ternehmen bemühen sich heute in besonderer Weise darum, ein positives Bild von sich zu zeichnen. Der Einsatz der künstlichen Intelli- genz konterkariert diese Bemühungen. Das vielleicht wichtigste Problem des Einsat- zes künstlicher Intelligenz besteht jedoch im „Black-Box-Prinzip“. Die Anwender erfahren nicht, welche Daten wie zu einem Ergebnis in- tegriert werden und welche statistischen Kenn- werte (Messgenauigkeit, Stabilität, Validität etc.) die Verfahren aufweisen. Es ist ihnen da- her nicht möglich, die Qualität der Methoden objektiviert einzuschätzen. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass es auch der For- schung nicht möglich ist, die einzelnen Ange- bote kritisch zu hinterfragen, da die verwende- ten Algorithmen geheim gehalten werden. Alles in allem spricht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts dafür, sich in der Personal- auswahl der künstlichen Intelligenz zu bedie- nen. Unternehmen, die professionell arbeiten wollen, wären viel besser beraten, ihre beste- henden Methoden vor dem Hintergrund wis- senscha licher Erkenntnisse zu optimieren. Die Zukun wird zeigen, ob es seriöse Me- thoden geben wird. Wahrscheinlich benöti- gen wir eine Art „Diagnostik-TÜV“, der dabei hil , die guten von den schlechten Produkten zu unterscheiden. // Über Prof. Dr. Uwe Kanning Prof. Dr. Uwe Peter Kanning, Jg. 1966, Stu- dium der Psychologie in Münster. Professor für Wirtscha spsychologie an der Hoch- schule Osnabrück. Autor und Herausgeber von mehr als 30 Fachbüchern und Testver- fahren. Arbeitsschwerpunkte: Personaldi- agnostik und fragwürdige Methoden der Personalarbeit. @ www.handbuch-digitalisierung.de/autoren/u_kanning Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar. Lizenzbestimmungen: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ 155 Herausforderungen