Schlagwortarchiv für: Quick Service durch Outsourcing

Drohnen und fahrerlose Transportfahrzeuge

Autonome Vehikel surren und schwirren durch die Lagerhallen der Zukunft.

Das „Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer IML und der Technischen Universität Dortmund. In dem 570 Quadratmeter großen Forschungszentrum werden verschiedene Referenzsysteme eingesetzt, wie z. B. ein Laserprojektionssystem bestehend aus acht „Kvant“-Lasern. Das Leitliniensystem für Mensch und Roboter kann beispielsweise mit Laserpfeilen den Weg vorgeben. Ein optisches Referenzsystem, welches das größte seiner Art in Europa ist, ermöglicht zusätzlich durch 38 Hightech-Kameras die Echtzeitlokalisierung von Objekten und Menschen, die mit einem Marker ausgestattet sind. Damit können bis zu 100 Objekte gleichzeitig getrackt werden. Auf diese Weise lassen sich nicht nur am Boden befindliche Objekte tracken, sondern auch solche, die in der Luft sind – zum Beispiel Drohnen.

Drohnen, sogar ganze Schwärme, spielen dabei eine entscheidende Rolle. „Wir nutzen den Drohnenschwarm, um Algorithmen zu entwickeln, mit denen wir autonome Fahrzeuge und Maschinen untereinander und in Interaktion mit dem Menschen steuern“, erklärt Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML. „Drohnen sind gut geeignet, da wir praktisch beliebige Szenarien im industriellen Maßstab dreidimensional und hochdynamisch abbilden können.“

Eine der autonom fliegenden Drohnen ist aus dem Forschungsprojekt „InventAIRy“ hervorgegangen. Sie ist in der Lage, durch ein Lager zu navigieren und logistische Objekte zu erfassen. Dadurch kann sie die Belegung der Stellplätze im Lager dokumentieren – Inventur auf Knopfdruck.

„Neben Drohnen kommen auch fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) zum Einsatz. Sie bewegen Waren automatisiert durch die Lagerhallen.“

Neben Drohnen kommen auch fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) zum Einsatz. Sie bewegen Waren automatisiert durch die Lagerhallen. Der Transportroboter TORU beispielsweise kann selbstständig durch das Lager navigieren und Picklisten abarbeiten. Dabei kann er Objekte aus einer Höhe von bis zu 1,75 Metern greifen und diese nach Beendigung des Auftrags zur Kommissionierstation bringen. Bei Zalando in Erfurt ist der von der Magazino GmbH entwickelte Roboter jetzt im Praxistest.

Abb. 1: Laserlicht leitet Transportroboter

EMILI (Ergonomischer, mobiler, interaktiver Ladungsträger für die Intralogistik) ist sogar das erste autonome FTF, das eine intuitive Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ermöglicht. Sie lässt sich in Verbindung mit Wearables über Gesten, Sprache oder Smartphones, Tablets und AR-Brillen steuern. Über ein integriertes Display an ihrer Front kann sie sich den Menschen in ihrer Umgebung mitteilen: Lächelt ihr Gesicht, funktioniert sie einwandfrei und kann beladen werden. Hat sie einen eher unzufriedenen Gesichtsausdruck, ist etwas nicht in Ordnung. Wie ihr geholfen werden kann, erklärt sie selbst; zum Beispiel mithilfe eines Tablets, das eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Fehlerbehebung anzeigt.

Abb. 2: Transportroboter EMILI teilt seinen Betriebszustand direkt auf einem Display mit.

Dabei ist ein Roboter wie EMILI nur ein erster Schritt beim Rennen um künstliche Intelligenz. „Ein Robotersystem wirklich intelligent zu machen“, bedeutet für ten Hompel, „dass das System mit seiner Umgebung kooperiert, die Umgebung wahrnimmt, mit anderen Robotern und dem Menschen kooperiert – und auf diese Weise lernt und sich weiterentwickelt“.

Sicherheit

Wollen Mensch und Maschine in Zukunft wirklich zusammen sicher kooperieren können, müssen zunächst sichere Rahmenbedingungen gewährleistet werden. Die beteiligten Teams des EU-Projekts „SafeLog“ entwickeln eine Systemlösung, die von vornherein Zusammenstöße zwischen Mensch und Maschine bei ihren Touren durch die Lagerhallen vermeiden soll. Dabei könnten künftig auch Roboter eingesetzt werden, die besonders schnell sind oder besonders schwere Lasten heben, ohne den Menschen zu gefährden. Ein speziell entwickeltes Flottenmanagementsystem verteilt Aufgaben für Mensch und Maschine so, dass ein Kreuzen der Wege minimiert wird. Zusätzlich schickt eine speziell entwickelte Warnweste für menschliche Mitarbeiter ein Signal an fahrerlose Transportfahrzeuge, die sich in der Nähe aufhalten. Diese drosseln dann ihr Tempo oder stoppen ganz – denn der Werker hat immer „Vorfahrt“. //


Quelle: Logistik entdecken #19 – Magazin des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML Dortmund

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Das „Internet of Medical Things“ (IoMT)

E-Health-Innovationen machen unser Leben sicherer und gesünder – ein Milliardengeschäft.

Das Marktforschungsunternehmen Gartner erwartet bis 2020 weltweit 20 Milliarden vernetzte Medizingeräte, die im Krankenhaus 4.0, beim Arzt, im Smarthome oder in der Smart City zum Einsatz kommen. Der Gesamtwert des IoMT-Marktes in Europa betrug laut einer Studie von Deloitte letztes Jahr rund 12 Mrd. US-Dollar. 2020 sollen es 40 Mrd. sein. Auf dem Markt tummeln sich dabei nicht nur diverse Start-ups, sondern vor allem auch Big Player wie Siemens, Apple und Google bzw. die Alphabet-Tochter verily.

Vielfalt der Sensoren

Herzfrequenzsensoren erkennen Anzeichen eines Vorhofflimmerns, Beschleunigungssensoren registrieren schwere Stürze und schlagen Alarm. Sensoren sind heute in der Lage, nahezu jede Körperfunktion rund um die Uhr zu überwachen, machen unser aller Leben und vor allem das von Patienten leichter und sicherer. Diabetiker, Epileptiker und Herzpatienten werden schon gewarnt, bevor sie selber Anzeichen verspüren und Krankenhäuser und (Not-)Ärzte können frühzeitig alarmiert werden.

Viele Sensoren sind dabei heute so klein, dass sie einfach mit der Smartwatch getragen werden können. Für spezielle Anwendungen geht es auch noch kleiner bzw. filigraner. Sensoren auf Kontaktlinsen etwa sind in der Lage, anhand der Tränenflüssigkeit den Blutzuckerwert zu messen und zu übermitteln. Im Krankenhaus überwachen Sensoren dabei nicht nur Patienten, sondern auch medizinische Geräte. Diese lassen sich so nicht nur leicht lokalisieren, sondern auch rechtzeitig warten. Durch die Möglichkeiten einer Predictive Maintenance werden so Ausfallzeiten verhindert und Kosten gesenkt.

AR und VR

Durch Augmented Reality lassen sich komplette Eingriffe realitätsnah simulieren. Im echten OP erleichtern auf Datenbrillen projizierte Informationen das Operieren. Der Chirurg muss nicht mehr seinen Kopf zum Monitor heben, sondern kann sich komplett auf den Patienten konzentrieren. In Zukunft sollen Mediziner während einer Operation passgenau CT- und MRT-Bilder über den Patienten eingeblendet bekommen, um bestimmte Bereiche besser lokalisieren zu können.

Ein Forscherteam der RWTH und FH Aachen präsentierte im Juni eine 3-D-Betrachtung eines stark verlagerten Kiefergelenkbruchs mittels einer Virtual-Reality-Brille. Dabei wurde deutlich, wie hilfreich eine solche Darstellung für den Chirurgen bei der Planung seines Eingriffs sein kann. Natürlich ist diese Technologie auch während der fachärztlichen Ausbildung oder während des Studiums besonders vielversprechend.

Digitale Gesundheitsakte

Gesundheitsminister Jens Spahn will, dass ab 2021 Versicherte generell ihre Patientendaten auch per Handy oder Tablet einsehen können. Während die Techniker Krankenkasse und die AOK eine eigene Lösung anbieten, ist „vivy“ ein Gemeinschaftsprojekt diverser anderer privater und gesetzlicher Krankenkassen. Die App ist dabei elektronische Gesundheitsakte und persönliche Assistentin zugleich. Sie hilft bei der Einhaltung von Medikationsplänen oder erinnert an den nächsten Impf- / Vorsorgetermin. Welche Daten wann an wen übermittelt werden, entscheidet der Nutzer selbst. Auch soll technisch und organisatorisch sichergestellt sein, dass Krankenversicherungen keinen Zugriff auf persönliche Daten bekommen können. Akzeptanz und Vertrauen in derartige Produkte fehlt allerdings dennoch in breiten Schichten der Bevölkerung.

Sicherheitsbedenken

Vernetzte Geräte bilden naturgemäß eine Angriffsfläche für Hacker. Neben unseren Gesundheitsdaten kann dadurch auch unmittelbar unser Leben bedroht werden, bspw. wenn der Herzschrittmacher gehackt wird. Nach dem Medizinproduktgesetz müssen vernetzte Medizingeräte zwar besonders hohe Sicherheits- und Qualitätsauflagen erfüllen, doch absolute Sicherheit kann auch dadurch nie gewährleistet werden. Das Potenzial das Leben vor allem von Risikopatienten deutlich sicherer zu machen, scheint dabei aktuell die Risiken mehr als aufzuwiegen. Dies darf aber nicht dazu führen, verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zu vernachlässigen. //


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Health@Home.de

Die Digitalisierung verschiebt die Versorgung aus der Praxis in die Lebensräume des mündig werdenden Patienten.

von Prof. Dr. Roland Trill

Das digitale Gesundheitswesen lag in Deutschland viele Jahre in einem Dornröschenschlaf. Eine sich gegenseitig blockierende Selbstverwaltung, eine desinteressierte Politik hatten zur Folge, dass Deutschland hinsichtlich der Digitalisierung in Europa abgehängt wurde. Ein Indiz ist die über 10-jährige Verzögerung bei der Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte.

2018: Ein Wendepunkt?

Prof. Dr. Ronald Trill

2018 könnte einen Wendepunkt markiert haben. Das zweite E-Health-Gesetz ist in der Vorbereitung – hoffentlich innovativer ausgelegt als der erste Versuch –, das elektronische Rezept ist noch für diese Legislaturperiode angekündigt. Die Krankenkassen überbieten sich mit der Entwicklung von Gesundheitsakten für ihre Versicherten und bieten Gesundheits-Coaches an. Die Ärzteschaft „schlachtet“ eine heilige Kuh: das Fernbehandlungsverbot.

Eine Einsicht hat sich wohl durchgesetzt (warum erst jetzt?): Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist alternativlos! Die auf das deutsche Gesundheitswesen zukommenden und bereits spürbaren Herausforderungen (steigender Versorgungsbedarf bei zunehmendem Kostendruck und Fachkräftemangel) werden sich mit den gegenwärtigen Strukturen nicht bewältigen lassen.

Veränderte Patientenrolle

Vor uns liegt ein Paradigmenwechsel. Die Rolle des Patienten wird sich Schritt für Schritt wesentlich verändern. Er wird Treiber dieser Entwicklung! Aus dem duldenden und passiven Kranken wird der aktive Patient, der Entscheidungen gemeinsam mit dem Arzt (oder den Vertretern anderer Gesundheitsberufe) treffen und diese auch verantworten will.

Diese Entwicklung hat bereits begonnen. Gesundheits-Apps sind auf allen neuen Smartphones vorinstalliert. Bürger messen zum Beispiel ihre körperlichen Aktivitäten oder informieren sich über Ernährungsfragen. Weitere häufig verwendete Wearables sind Kopfbänder, Smartwatches, diverse Sensoren in der Kleidung oder im Smartphone selber. Die Versorgung verschiebt sich aus der Praxis dorthin, wo der Patient sich aufhält, z. B. in seine Wohnung. Dieser Trend lässt sich mit dem Begriff „Health@Home“ gut umschreiben. In diese Kategorie fallen auch zwei der Telemedizin zuzurechnende Anwendungen: Die Telesprechstunde und das Telemonitoring.

Das Telemonitoring erlaubt es dem Patienten, orts- und zeit­unabhängig medizinische Parameter zu messen, entweder im Rahmen eines abgestimmten Therapieplanes oder aufgrund eigener Initiative.

Die Telesprechstunde findet bei Bürgern eine immer größere Zustimmung und auch Ärzte erkennen zunehmend die Vorteile. Das Telemonitoring erlaubt es dem Patienten, orts- und zeitunabhängig medizinische Parameter zu messen, entweder im Rahmen eines abgestimmten Therapieplanes oder aufgrund eigener Initiative. Am Beispiel der Volkskrankheit „Diabetes“ wird diese Entwicklung gut nachvollziehbar.

Veränderte Versorgungskonzepte

Vor 30 Jahren musste der Patient zur Blutentnahme in die Praxis. Die Besprechung der Befunde erfolgte dann, im besten Falle, direkt im Anschluss oder es musste ein weiterer Besuch eingeplant werden. Mit der Einführung mobiler Messgeräte und Stechhilfen verlagerte sich die Messung zum Teil in die Wohnung des Erkrankten. Er führte eine Liste mit seinen Messungen, die er bei seinem nächsten Arztbesuch mitnahm. In Verbindung mit dem Smartphone werden die Werte nun direkt erfasst und abgespeichert. Übersichtliche Auswertungen können leicht erstellt werden. Die Werte werden dem Arzt online übermittelt, sodass ggf. eine schnelle Reaktion erfolgen kann.

Kommen nun noch Anwendungen der künstlichen Intelligenz (= KI – auch ein Trend, insbesondere wenn man in die Landschaft der im Gesundheitswesen aktiven Start-ups schaut) dazu, so werden aktive Anpassungen im Therapieplan seitens des Patienten möglich. Analoge Szenarien ließen sich für andere chronische Erkrankungen darstellen, zum Beispiel bei Asthma oder kardiologischen Erkrankungen.

Bei Asthma ist auch schnell erkennbar, dass die Digitalisierung zur Qualitätssteigerung beitragen kann. Inhaler der zweiten Generation erfassten bereits online die verabreichte Menge des Wirkstoffs wie auch den Zeitpunkt der Einnahme. Nun zeigt ein Blick in die Praxis, dass gewünschte Ergebnisse zum Teil nicht erreicht wurden. Ein Grund dafür war die nicht sachgemäße Technik bei der Inhalation. Diese Schwachstelle behebt der Inhaler der dritten Generation. Mithilfe eines Sensors wird gemessen, ob die Positionierung korrekt ist. Sollte sie es nicht sein, gibt es (verbunden mit einer App) Hinweise, die es dem Kranken ermöglichen, sich zu schulen und seine Kompetenz zu verbessern.

Medical Apps

Der Schritt hin zu den Medical Apps (dann als Medizinprodukt zu betrachten) ist also bereits vollzogen, also solchen Apps, die unmittelbar im Diagnostik- und Therapieprozess Eingang finden. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist enorm. War lange Zeit tinnitracks (Therapie-App bei Tinnitus) das Vorzeigebeispiel, so gibt es in jedem Jahr eine große Zahl neuer Anwendungsgebiete und einzelner Anwendungen. Eine kleine Auswahl soll die Breite der Anwendungsszenarien skizzieren.

Mittlerweile gibt es auch in Deutschland einen „Symptom-Checker“, der diesen Namen verdient und sich durch seine Seriosität von solchen auf Webportalen abhebt. Komplexe Algorithmen, der Rückgriff auf große Datenbestände (Health-Analytics) und der Einsatz der KI führen zu guten Ergebnissen. Hier erhält der Patient die Anregungen und Hinweise, die er im Anschluss mit seinem Arzt besprechen kann.

Der Weg zum Lab@Home (als Teil der „Health-Infrastruktur“ des Patienten/Bürgers) ist nicht mehr weit.

Eine Analyse der Sprache kann verwendet werden, um z. B. bei psychisch Erkrankten bevorstehende kritische Episoden vorauszusagen und frühzeitig entgegenwirken zu können.

Programme verschaffen dem Patienten zum Beispiel in der Ergotherapie oder Physiotherapie Möglichkeiten, unabhängig vom Therapeuten Übungen durchzuführen und Korrekturen zu erhalten. Es handelt sich hier nicht um die „klassischen“ pauschalen Videos, sondern um individuelle Lernhilfen, die u. a. durch Sensoren oder Mustererkennung mithilfe von Bildern möglich werden (Anwendungsfelder z. B. Rückenschmerz, Parkinson, MS).

Der Weg zum Lab@Home (als Teil der „Health-Infrastruktur“ des Patienten/Bürgers) ist nicht mehr weit. Die Möglichkeiten, mit einem chipgroßen Wearable Blut abzunehmen und daraus wesentlich Werte zu generieren, werden auch die Labormedizin verändern.

Alle diese Entwicklungen lassen sich wie folgt zusammenfassen. Sie sind

  • mobil,
  • intelligent,

  • entscheidungsunterstützend und

  • kompetenzsteigernd für den Nutzer.

Digitalisierung als Wettbewerbsargument

Für die Krankenkassen ist, wie auch für den einzelnen Arzt, diese Flut neuer Entwicklungen kaum übersehbar. Sie stehen vor der Frage: Welche dieser Anwendungen sollen in die Regelversorgung, also in den ersten Gesundheitsmarkt, aufgenommen werden? Sie werden darauf schnelle Antworten finden müssen, denn es ist absehbar, dass der Versicherte den Zugang zu digitalen Services als einen Wettbewerbsparameter wahrnehmen und nutzen wird. Der aktive Patient wird zum maßgeblichen Treiber dieses Trends.

Kernaussagen

  • Nur durch Digitalisierung kann das deutsche Gesundheitswesen seinen Herausforderungen begegnen.

  • Telemedizin und Medical Apps finden Eingang in den Diagnostik- und Therapieprozess.
  • Krankenkassen stehen vor der Frage, welche neuen Anwendungen in die Regelversorgung aufgenommen werden sollen.

  • Die Gesundheitskompetenz muss verbessert werden, damit der Patient aktiv mitentscheiden kann.

Gesundheitskompetenz und E-Health-Literacy

Nun muss aber an dieser Stelle auch die Frage erlaubt sein, ob der Patient dazu fähig ist, die Technologien für seine Belange einzusetzen? Als aktiver Patient wird er nicht nur „blind“ der Technik vertrauen wollen, er will die Werte verstehen, sie einordnen können, um dann auf Augenhöhe mit dem Behandler über die bestmögliche Therapie zu sprechen. Um zum aktiven, das heißt, seine Gesundheit selbst gestaltenden Patienten zu werden, muss nicht nur die oben beschriebene Technik vorhanden sein – vielmehr ist auch die Gesundheitskompetenz (Health-Literacy) entscheidend. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Erkenntnisse auf die eigene Krankheit bzw. Lebenssituation zu übertragen. Indem das Internet und die vielen Apps und Portale zur wichtigen Informationsquelle werden, tritt hier eine Forderung nach einer ausgeprägten E-Health-Literacy hinzu. Hierunter versteht man die Kompetenzen, die ein Patient benötigt, sich im Rahmen der digitalen Welt mit der Vielzahl von Informationen zurechtzufinden, deren Validität einschätzen sowie diese dann auch anwenden zu können.

Leider unterlässt es die Politik nach wie vor, einen entscheidenden Schritt in ein integratives Gesundheitswesen zu gehen.

Internationale Studien zeigen, dass Deutschland in beiden Kompetenzfeldern ebenfalls nur Mittelmaß darstellt. Die digitalen Services werden einerseits dazu beitragen, Gesundheitskompetenz zu entwickeln, setzen aber auch deren Existenz voraus. Daraus lässt sich folgern, dass große Anstrengungen notwendig werden, parallel zu der Implementierung digitaler Angebote Gesundheitskompetenz und E-Health-Literacy zu entwickeln. Hiervon profitieren nicht nur die Patienten, sondern auch die Gesundheitsdienstleister. Es gibt Belege dafür, dass Patienten mit hoher Gesundheitskompetenz zum Beispiel eine höhere Therapietreue aufweisen – mit positiven Effekten auch für die Wirtschaftlichkeit.

Verschlafen

Die beschriebenen Aktivitäten werden das deutsche Gesundheitswesen massiv verändern. Leider unterlässt es die Politik nach wie vor, einen entscheidenden Schritt in ein integratives Gesundheitswesen zu gehen: Die Einführung eines „Electronic Health Records“ (einrichtungsübergreifende Patientenakte) taucht in keiner Agenda auf. Aber genau diese Anwendung markierte in den Staaten mit fortschrittlichen digitalen Gesundheitswesen den Einstieg in ein neues Zeitalter. Dornröschen befindet sich wohl doch noch im Halbschlaf! //


Buchhinweis
Trill, R. (Hrsg.): Praxisbuch eHealth – Von der Idee zur Umsetzung, 2. Auflage, völlig neu überarbeitet, Stuttgart 2018


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