von Marco Becker
Die Studie „Digitalisierungs-Enabler der Fachbereiche im Mittelstand“ wurde von der techconsult GmbH im Auftrag von Optimal Systems konzipiert und durchgeführt. Im Mai 2016 wurden 215 Unternehmen der Größenklasse ab 50 Mitarbeitern über alle Branchen zum Thema Digitalisierung befragt. Ansprechpartner waren in erster Linie leitende Angestellte, IT-Verantwortliche und Geschäftsführer, die Angaben zur Digitalisierung in den verschiedenen Fachbereichen im eigenen Unternehmen machen konnten.
Richtig angewandte Digitalisierung eröffnet nicht nur Möglichkeiten einer effizienteren Aufgabenerledigung, sondern kann auch die Wettbewerbsfähigkeit durch neue Nutzungsszenarien und Geschäftsfelder stärken. Auch Unternehmen, die diese neuen Möglichkeiten nicht wahrnehmen wollen, können sich der Digitalisierung nicht entziehen, denn genügend Abnehmer, Zulieferer und andere Geschäftspartner setzen auf die Digitalisierung und wollen ihre digitalisierten Prozesse an Partner anbinden können. Digitalisierung wird zur Pflicht, wenn man im Wettbewerb mit anderen Anbietern nicht das Nachsehen haben will.
Wie so oft in unternehmensweiten Veränderungsprozessen setzt die effiziente Nutzung von neuen Technologien allerdings eine ganzheitliche Umsetzung voraus, denn die Verarbeitung in Insellösungen verhindert Synergien. Ein ganzheitlicher Lösungsansatz ist ein „Enterprise Content Management“ (ECM), das sämtliche Datenbestände eines Unternehmens vereint und damit größtmögliche Verbundeffekte schaffen kann. Ein maßgeblicher Faktor, der die Einführung einer neuen Lösung erfahrungsgemäß erschweren kann, sind die Mitarbeiter, die die Lösung am Ende nutzen sollen. Denn sowohl die Technikaffinität und die Nutzungsgewohnheiten als auch die Kreativität in der Nutzung neuer Informationstechnologie-Lösungen können unter Anwendern stark variieren.
Im Rahmen der Studie „Digitalisierungs-Enabler der Fachbereiche im Mittelstand“ wird – unterteilt in die Sichtweisen der Fachbereiche Finanzen und Controlling, Einkauf inkl. Recht und Compliance, Business-Development/Produktmanagement, Personal und Qualitätsmanagement – untersucht:
- ob mittelständischen Unternehmen die Tragweite einer Digitalisierungsstrategie bewusst ist,
- ob die Daten in mittelständischen Unternehmen schon digitalisiert werden und welche Technologien für das Management digitaler Daten genutzt werden,
- wer die Digitalisierung im Unternehmen treibt, wer nicht und warum,
- in welchen Fachbereichen und Prozessen die Digitalisierung bereits fortgeschritten ist und damit als besonders sinnvoll erachtet wird
- und ob ein ECM die Erfüllung dieser Prozesse unterstützt.
Stand der Digitalisierung im Mittelstand
In vielen Unternehmen nimmt die Wichtigkeit der Digitalisierung zu. Rund zwei Drittel aller Befragten schätzen sie als zunehmend oder absolut wichtig für das eigene Unternehmen ein.
Nur noch ein sehr kleiner Anteil sieht keine Relevanz in der Digitalisierung für das eigene Unternehmen. Die Einschätzung wächst mit der Unternehmensgröße deutlich an: Liegt der Anteil für „zunehmend und absolut wichtig“ bei den kleinen Mittelständlern zwischen 50 und 249 Mitarbeitern noch bei 56 Prozent, steigt er bis 999 Mitarbeiter auf 69 Prozent und erreicht unter den großen Mittelständlern einen Anteil von 80 Prozent. Bei dieser Unternehmensgröße behauptet auch kein Befragter mehr, dass Digitalisierung keine Rolle spiele. Nach Fachbereichen sieht vor allem das Business-Development hohes Potenzial, während der Einkauf und die Personalabteilung noch relativ skeptisch sind. Unterschieden nach den Fachabteilungen, stehen die Personalabteilungen noch eher am Anfang der Digitalisierung. Hier liegt der Anteil mit einem sehr geringen Digitalisierungsgrad noch bei einem Viertel der befragten Personalabteilungen. Die anderen Fachbereiche sind in der Umsetzung ihrer Digitalisierung auf einem höheren Niveau. Auch hier lohnt der Blick auf die Unternehmensgröße: Während die kleineren Unternehmen zu 38 Prozent einen hohen Digitalisierungsgrad vorweisen, liegt der Anteil unter den großen Unternehmen bei 58 Prozent.
Wenn es um die effiziente Nutzung und sinnvolle Verarbeitung von Daten geht, stehen Unternehmen viele Wege offen. Die einsetzbaren Lösungen sind aber meist auf eine Aufgabe spezialisiert, auf eine bestimmte Dateiart (z. B. Schriftverkehr, Office-Dokumente, Web Content) oder einen bestimmten Prozess (z. B. Archivierung, Organisation, Kommunikation). Die jeweiligen Dateibestände werden daher auch getrennt verwaltet, liegen möglicherweise redundant vor und lassen sich nicht gemeinsam verarbeiten. ECM als unternehmensweite Informationsmanagementplattform kommt erst bei einem Viertel der befragten Unternehmen zum Einsatz.
Hotspots der Digitalisierung: Wer Digitalisierung im Unternehmen vorantreibt und wer nicht
Erfahrungsgemäß haben drei Akteure im Unternehmen potenziell Einfluss auf die Einführung neuer IT-Lösungen: die IT-Abteilung, die Geschäftsführung und die Fachbereiche selbst. Im Schnitt ist aber keine von diesen „der“ Treiber der Digitalisierung. Die Rolle des Treibers variiert je Unternehmen oder wird gemeinschaftlich wahrgenommen.
Einen Verantwortlichen für die Digitalisierung zu benennen, ist eher schwer, denn sie kann von vielen Seiten forciert werden: Sie betrifft sowohl die technische IT im Hintergrund als auch die Arbeitsabläufe beinahe jedes Mitarbeiters. Durch die neuen Möglichkeiten der Informationserfassung und -verarbeitung ist auch die Zukunft des Unternehmens und damit die Geschäftsführung betroffen. Die Befragten wurden aus diesem Grund nach ihrer Einschätzung gefragt, wer das Thema Digitalisierung wie stark vorantreibt.
Betrachtet man die Einschätzung der Fachbereiche, dann zeigt sich, dass die IT-Abteilung noch öfter als starker Treiber gesehen wird. Das ist nicht überraschend und relativ häufig der Fall, wenn es um IT-Unterstützung im Arbeitsalltag geht, weil die IT-Abteilungen mögliche Nutzungs-Szenarios und Vorteile schon früh antizipieren können. Allerdings sind die Abstände in der Wahrnehmung bei weitem nicht so groß, wie sie es bei den hochtechnischen Themen sind. Dort dominieren die IT-Abteilungen üblicherweise deutlich.
Aus den vorherigen beiden Abbildungen wird deutlich, dass die Fachbereiche selbst in der Regel die Digitalisierung weniger vorantreiben. Sie sehen anscheinend auch weniger oft konkrete Nutzungsszenarios in der Digitalisierung als Geschäftsführer und IT-Abteilungen aus ihrer externen Betrachtungsperspektive. Diese helfen daher kräftiger nach und werden von den Fachbereichen auch als stärkerer Treiber wahrgenommen.
Digitalisierung verschiedener Prozesse im Detail
Im Rahmen der Studie wurden knapp 50 typische Prozesse der Fachbereiche evaluiert. Zu diesem Zweck wurden Umsetzungszufriedenheit, Digitalisierungsgrad und ECM-Einsatz der Prozesse nebeneinandergestellt und verglichen. Generell werden die meisten Prozesse über alle Fachbereiche unter Zuhilfenahme von Digitalisierung besser umgesetzt als ohne Digitalisierung und auch der ECM-Einsatz zahlt sich in den meisten Fällen aus.
In jedem Fachbereich gibt es fachspezifische Prozesse, die Potentiale haben, durch IT-Lösungen unterstützt zu werden. Die detaillierte Analyse dieser Prozesse in den verschiedenen Fachabteilungen zeigt, dass einige Prozesse sinnvoller und effizienter unterstützt werden können als andere.
Zum Beispiel können extrem umfangreiche Prozesse mit vielen Einzelschritten durch Managementlösungen deutlich übersichtlicher gestaltet werden oder eine große Anzahl von Dokumenten kann effizienter in Datenbanken verwaltet werden als in Aktenschränken. Dazu zählen zum Beispiel der standardisierte Datenaustausch, das Dokumentenmanagement oder die revisionssichere Langzeitarchivierung. Kreative oder sehr individuelle Aufgaben hingegen können oftmals nicht standardisiert werden und sind schwerer durch Managementlösungen abzubilden. Dazu zählt Beispielsweise die Erstellung von Geschäftsmodellen bzw. Business Plänen oder das Changemanagement.
Die detaillierten Ergebnisse der Prozessanalyse können dem vollständigen Studienbericht entnommen werden, den der Sponsor auf seiner Homepage kostenlos zur Verfügung stellt.
Zusammenfassung und Fazit
Digitalisierung … steht bei vielen Unternehmen noch am Anfang.
Die Digitalisierung wird in den Augen vieler Unternehmensvertreter immer wichtiger und ist bei vielen bereits fester Bestandteil des Geschäftsalltags. Die Umsetzung ist allerdings oft entweder gering oder genügt den eigenen Anforderungen noch nicht. Viele befinden sich noch in der Test- bzw. Einführungsphase und tasten sich mit ausgewählten Prozessen voran. Einige Dokumente werden also noch analog verarbeitet (z. B. Papierdurchschläge), andere digital (z. B. eingescannte Dokumente; einzelne Office-Dateien) und andere eventuell bereits durch IT-Lösungen gemanagt (z. B. Datenbank-Lösung). Hinzu kommt unter Umständen der Einsatz diverser Lösungen zur Datenverarbeitung, die aber unabhängig voneinander operieren und viele Vorteile der Digitalisierung noch nicht nutzbar machen.
Digitalisierung … wird und sollte von allen getrieben werden
IT-Abteilung, Geschäftsführung und die Fachbereiche selbst können als Treiber im Unternehmen und im Fachbereich fungieren. Allerdings übernimmt keine von ihnen die Funktion des alleinigen Enablers und Evangelisten für die Digitalisierung. Eine sehr gute Nachricht ist, dass die IT-Abteilung nicht vorgeschoben wird, wenn es um die Digitalisierung geht. Zwar wird diese noch öfter als Treiber wahrgenommen als die Geschäftsführung und die Fachbereiche selbst, doch stehen diese den IT-Abteilungen kaum noch nach und tragen in vielen Unternehmen zur Durchsetzung der Digitalisierung bei. Ein einseitiges Treiben wäre genau genommen sogar kontraproduktiv und im besten Szenario sind alle drei Akteure gleichermaßen daran interessiert, die eigene Entwicklung voranzutreiben.
Digitalisierung … wird je nach Fachabteilung und Prozess unterschiedlich bewertet und genutzt
Sowohl die Fachbereiche als auch die Prozesse in den Fachbereichen unterscheiden sich zum Teil deutlich in ihrer Digitalisierungsfähigkeit, ihrer Unterstützung durch IT-Lösungen und ihren Möglichkeiten, effizient durch ein ECM abgebildet zu werden. Einige Fachbereiche haben den Nutzen der Digitalität bereits erkannt, setzen sie um bzw. ein und treiben sie weiter voran, zum Beispiel das Qualitätsmanagement oder das Personalmanagement. Andere Fachbereiche, wie das Business-Development, sehen wiederum überdurchschnittlich häufig noch wenig Nutzen für den eigenen Fachbereich und treiben daher auch weniger oft. Im Gegensatz dazu sehen sie im Hinblick auf das gesamte Unternehmen sehr wohl die Digitalisierung als absolut wichtig an. Hier fehlt noch das Gespür für die Ganzheitlichkeit der Digitalisierung eines Unternehmens und wie sie sämtliche Abteilungen und Fachbereiche durchziehen und vernetzen soll. Des Weiteren gibt es eine dritte Gruppe, wie den Einkauf, die die Zukunft der Digitalisierung im eigenen Unternehmen noch relativ verhalten bewertet, in der Analyse einzelner konkreter Prozesse aber am stärksten von dieser profitiert.
Enterprise Content Management … unterstützt relevante Prozesse in allen Fachbereichen
Der Blick von oben zeigt zum einen, dass ein ECM gerade in den relevanten Prozessen zur deutlich besseren Umsetzung beiträgt und zum anderen, dass in jedem Fachbereich erfolgreich mehrere Prozesse durch ein ECM unterstützt werden können. Ein ganzheitlich umgesetztes ECM ist daher ein effizientes Instrument zur Nutzbarmachung aller digitalen Informationen im Unternehmen und kann aus Sicht der Fachbereiche viele Prozesse besser erfüllen, als es vielleicht bestehende spezielle oder eingelebte manuelle Lösungsansätze tun würden.
Enterprise Content Management … für eine lückenlose Prozessdigitalisierung
Mit zunehmender Digitalisierung werden Unternehmen noch weitere Nutzenpotentiale erkennen. Einige Prozesse, für die ein ECM bisher noch nicht relevant erschien, können dann sehr wohl von diesem unterstützt werden. Gestützt wird dieser Schluss durch eine Auffälligkeit, die sich über alle Fachbereiche erstreckt: Unternehmen bzw. Fachbereiche, die einen mittleren Digitalisierungsgrad ihrer Prozesse vorweisen, setzen diese wesentlich schlechter um, als solche, die gar nicht digitalisiert haben. Die teilweise Digitalisierung hat nämlich den entscheidenden Nachteil, dass nicht alle Prozesse verbunden werden und dadurch Lücken zwischen analoger und digitaler Verarbeitung entstehen. Diese Schnittstellen zu überbrücken, kostet mehr Aufwand und beherbergt mehr Fehlerquellen (fehlerhafte Übertragung, Manipulation, Verlust, Diebstahl) als gar keine Prozesse zu digitalisieren.
Digitalisierung und ECM … ganz(heitlich) oder gar nicht
Die Devise bei der Digitalisierung sollte daher auch lauten „ganz oder gar nicht“ und das Datenmanagement sollte durch ein integratives ECM gestützt werden. Denn auch die schrittweise Einführung einzelner Lösungen wird sich früher oder später verkomplizieren, wenn es darum geht, sie zu einem zentralen System zu verbinden. Der komplette Umzug auf ein neues ECM wird dann umständlicher, als es von Anfang an wachsen zu lassen.
Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar.
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