Abteilung IT

Die Zukunft der IT-Abteilung liegt in der Automatisierung.

von Dr. Ralf Magagnoli

Die Prophezeiungen der Auguren waren teils düster: „Die IT-Abteilung vor dem Aus retten“, titelte etwa die Computerwoche im Oktober 2018. Sicher ist nur, die IT-Abteilung wird sich wandeln, sie wird neue Aufgaben übernehmen und alte delegieren müssen. Welche Trends sind gegenwärtig erkennbar, die auf die IT-Abteilungen einwirken und mit denen sich die IT-Abteilungen befassen müssen? Wie wirken sich vor allem Automatisierung und Digitalisierung auf die Arbeit der IT-Abteilungen aus?

Der „Chief Digital Officer“ (CDO)

In vielen Unternehmen gibt es ihn bereits als Hauptverantwortlichen der Digitalisierungsstrategie im Unternehmen. Der CDO gehört der obersten Hierarchieebene an. Zu seinen Aufgaben gehören die Analyse der Ist-Situation in den Unternehmen, die Entwicklung einer digitalen Strategie, die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen für die digitale Transformation, die Beaufsichtigung des Wandels, die Beobachtung neuer Entwicklungen und die etwaige Übernahme in das bestehende digitale System. Kritisiert wird eine oftmals unklare Rollenverteilung in vielen Unternehmen. Hier gilt es, klare Regeln und Verantwortlichkeiten zu definieren und dem CDO die Möglichkeit zu geben, die digitale Transformation umzusetzen.

Strukturveränderung

Möglicherweise wird sich die Struktur der IT-Abteilung selbst drastisch verändern. Zwei Möglichkeiten stehen hier zur Disposition: Der Analyst Forrester Research schreibt, dass sie möglicherweise in einen Frontend- und einen Backend-Teil, welcher dann an eine Shared-Services-Abteilung berichtet, zerfallen werde. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die IT als eigenständige Einheit auf die verschiedenen Abteilungen im Unternehmen aufgeteilt wird. Gut möglich aber auch, dass die IT-Abteilung weitgehend in der bisherigen Form erhalten bleibt. Sicher ist nur, dass, wie auch in anderen Abteilungen, die Anforderungen an die Mitarbeiter in puncto Agilität, Fähigkeit, über den eigenen Tellerrand zu schauen, und Bereitschaft zum Kulturwandel wachsen werden. Anders ausgedrückt: Nerds und „Das haben wir schon immer so gemacht“-Typen werden immer weniger gefragt sein.

Modernisierung der Legacy-Systeme

Unter Legacy-Systemen werden die über Jahre, teilweise über Jahrzehnte gewachsenen IT-Infrastrukturen verstanden, die oft als Altlasten ein Hindernis für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen sind. Dies in zweifacher Hinsicht: Zum einen im Hinblick auf die Geschäftsprozesse, zum anderen auch in finanzieller Hinsicht, denn die Versuche, die IT-Kosten zu senken, führen zu einem Investitionsstau, dessen Folge archaische Systeme sind, deren Wartungskosten steigen, womit wiederum weniger Gelder für Investitionen zur Verfügung stehen. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Hier bietet sich die Verlagerung von Software und Infrastruktur in die Cloud an, die von spezialisierten Dienstleistern auch vorgenommen wird.


Für die IT-Abteilung wie für die Unternehmen wird es darauf ankommen, den Spagat zwischen inkrementeller und disruptiver Methode zu meistern

Ralf Magagnoli

Microservices

Hier kommen oft Standardsysteme mit adaptiven Architekturen zum Einsatz. Diese Dienste sind so konzipiert, dass sie mit den Anforderungen wachsen und zudem einen modularen Aufbau ermöglichen, was wiederum ein „Plug and play“ mit selbst entwickelten, meist allerdings zugekauften Komponenten erlaubt. Über Continuous Integration / Continuous-Deployment-Pipelines sind zudem agilere, produktzentrierte Betriebsmodelle möglich. Zugleich sollten Unternehmen die Risiken im Auge behalten, die sich über eine zu schnelle Übernahme von Standardsystemen ergeben – nämlich, dass der USP unter Umständen verloren gehen kann. Auch hier ist eine „smarte“ Kombination von Standardisierung und Customizing gefordert.

„Software as a Service“ und „Infrastructure as a Service“

Auch dieser Punkt hängt mit den beiden vorangehenden Punkten zusammen. Nicht nur die Software, sondern die gesamte Infrastruktur wird in die Cloud verlagert und, meist von einem spezialisierten Dienstleister, zur Verfügung gestellt. Die Unternehmen brauchen also weder Software zu entwickeln oder einzukaufen noch Rechnerinfrastrukturen aufzubauen, sondern mieten diese. Betrieb und Wartung liegen beim Dienstleister. Tendenziell bestehen die Rechner in den Unternehmen dann aus Thin Clients: Die Anwender greifen dann per Webbrowser auf die Anwendungen in der Cloud zu. Die Vorzüge: Kalkulierbare Kosten (Miete) und Konzentration aufs Kerngeschäft. Dennoch haben immer noch viele Unternehmen Hemmungen, unternehmenskritische Anwendungen Dritten zu überlassen.

Internet of Things (IoT)

Hier besteht ein Unterschied zwischen der Erwartungshaltung – wie bedeutsam ist IoT für das Unternehmen, wie bedeutsam wird IoT für das Unternehmen werden? – und der Umsetzung. Während laut einer aktuellen IDC-Studie rund 43 Prozent der Befragten in Unternehmen IoT für sehr wichtig bzw. wichtig halten und über 63 Prozent glauben, dass die Bedeutung in Zukunft sehr hoch bzw. hoch sein wird, haben nur rund 20 Prozent der Unternehmen IoT-Projekte umgesetzt. Ziel des IoT ist es, die Lücke zwischen der realen und der virtuellen Informationswelt zu schließen, die dadurch entsteht, dass die in der realen Welt verfügbaren Informationen im Internet nicht abrufbar sind. Das hat Auswirkungen zum Beispiel auf den Kundendialog, der mittels IoT über sogenannte Connected Products verbessert wird, was wiederum die Optimierung bestehender und die Kreierung neuer Produkte zur Folge hat. Beispiel: Der Sportartikelhersteller, dessen Turnschuh sich je nach Laufgeschwindigkeit aufpumpt bzw. fester schnürt. Wichtige Daten werden über Sensoren nicht nur an den Kunden, sondern auch an den Hersteller weitergeleitet. Tritt ein Problem auf, kann der Hersteller schnell reagieren und Verbesserungen an dem Produkt vornehmen.

Industrial Internet of Things (IIoT)

Es geht um den Einsatz von IoT im industriellen Bereich, bspw. im produzierenden Gewerbe, im Gesundheitswesen, in der Energiewirtschaft oder im Agrarwesen. Hierbei gilt es, Daten über den gesamten Informationsprozess zu erfassen und zu kontrollieren. Beispiel Produktion. Das Stichwort hier lautet etwa Predictive Maintenance: Die Maschinen geben Zustandsdaten, die eine proaktive Wartung ermöglichen. So etwa, im kostengünstigen Fall, der Tintenstrahldrucker, der vorab informiert, wann der Füllstand unterschritten wird. Bedenkt man, dass bei komplexeren Maschinen ein Ausfall auch nur von zwei oder drei Stunden teuer werden kann, rechnet sich die Predictive Maintenance. Das IIoT umfasst aber auch die Verbesserung und Kontrolle der Supply Chain, die Sicherstellung der Energiezufuhr über Smart Grids, intelligente, dezentrale Verteilnetze oder Werte bzgl. Raumtemperatur, Luftqualität und Ozongehalt in Produktionsstätten.

Data Science

Als Data Science wird die Extraktion von Wissen aus Daten bezeichnet. Angesichts der auch durch IoT und IIoT dramatisch erhöhten Datenmenge kommt dieser Extraktion eine besondere Bedeutung zu, sodass Spezialisten – meist Absolventen der einschlägigen Studiengänge – sehr gefragt sind. Data Scientists benötigen im Prinzip Kenntnisse in fünf Bereichen: Diese reichen von der ersten Schicht, der „Database Technology“, über die zweite Schicht, die „Data Access & Transformation“, die dritte Schicht, die „Programming Language“, die vierte Schicht, die „Data Science Tool & Library“, die fünfte Schicht, die „Data Science Method“, bis zur Fachexpertise im jeweiligen Fachbereich – also etwa der Ingenieurswissenschaft oder der Betriebswirtschaft. Erst wenn ein Mindestmaß an Fachwissen vorhanden ist, kann der Data Scientist die Fachspezialisten gezielt unterstützen. In kleineren Unternehmen wird im Allgemeinen der Data-Science-Allrounder gesucht, der imstande ist, das gesamte Aufgabenspektrum zu übernehmen, das in größeren Unternehmen von den jeweiligen Spezialisten im jeweiligen Bereich übernommen wird.

Digitale Ökosysteme

Oikos im Altgriechischen bedeutet Haus, sýstema das Verbundene. Auch wenn die Abgrenzung digitaler Ökosysteme nicht ganz einfach ist, kann als ihr Ziel das Überwinden komplexer Herausforderungen durch Imitation biologisch-komplexer Systeme genannt werden. Ein digitales Ökosystem, das sich prinzipiell durch Offenheit auszeichnet, setzt sich aus heterogenen Akteuren unterschiedlicher Branchen und Disziplinen zusammen. Hier wird die Aufgabe der IT-Abteilung darin bestehen, die Einbindung des Unternehmens in ein solches digitales Ökosystem zu gewährleisten und die Stabilität dieses heterogenen Netzwerks bei gleichzeitiger Offenheit zu ermöglichen.


Quelle: Computerfutures
https://www.computerfutures.com/de/blog/2018/02/die-zukunft-der-it-abteilung

Automatisierung / „Robotic Process Automation“ (RPA)

Darunter werden virtuelle Mitarbeiter verstanden, die ähnlich den physisch existenten Robotern der klassischen Prozessautomatisierung bestimmte Aufgaben erfüllen. Es handelt sich dabei um Software-Agenten, die menschliches Handeln nachahmen. Dabei kann der Aufgabenbereich der jeweiligen Software-Agenten eher einfache Aufgaben wie das Versenden von Sammelmails, aber auch komplexere Aufgaben erfüllen. Der Vorteil von RPA liegt u. a. darin, dass über Kostenreduktionen Insourcing bestimmter Aufgaben wieder interessant werden kann. Problematisch kann RPA dort werden, wo keine klaren Verantwortlichkeiten benannt sind – für Wartung, Upgrades – oder wo Mitarbeiter an der Konfiguration mitarbeiten sollen, die durch die Anwendungen ersetzt werden sollen. Wichtig ist es, den richtigen Anbieter auszuwählen, der entsprechende Erfahrungen mit RPA-Projekten vorweisen kann, die in der Regel in verschiedenen Schritten vorgenommen werden: Analyse der Arbeitsprozesse (oft über Filmaufnahmen), Definition der Automatisierung, Umsetzung, Erfolgskontrolle.

Künstliche Intelligenz / Machine Learning

Machine Learning ist ein Aspekt künstlicher Intelligenz, wenngleich ein zentraler. Über maschinelles Lernen wird ein Computer in die Lage versetzt, ein selbstlernendes System zu werden, ohne ihn entsprechend zu programmieren. Auch hier wird, ähnlich dem digitalen Ökosystem, die Natur zum Vorbild genommen, etwa über „Rückmeldungen“ Objekte zu identifizieren. Dies geschieht mittels selbstlernender Algorithmen, die in Daten bestimmte Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen. Die Intelligenz besteht darin, ähnlich der menschlichen Intelligenz, Dinge miteinander zu verknüpfen, Zusammenhänge zu erkennen und Rückschlüsse zu ziehen. Entsprechende Programme tragen dazu bei, dass aufwendige und langweilige Arbeiten vom Rechner erledigt werden – dies gilt etwa für die Papierdokumentation.

Digital Workplace

Die Arbeitswelt verändert sich stetig. Vorbei die Zeiten, als der Beschäftigte um acht Uhr das Büro betrat und um siebzehn Uhr das Büro verließ (eine Stunde Mittagspause), wobei die Stempeluhr die Arbeitszeit dokumentierte. Heutzutage verschwimmen tendenziell die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Über den Digital Workplace können Mitarbeiter von jedem Ort und zu jeder Zeit auf die Unternehmensanwendungen zugreifen, egal ob vom Rechner im Homeoffice, vom Tablet im Zug oder vom Smartphone am Strand. Das Zauberwort heißt selbstbestimmtes (und damit effektiveres) Arbeiten.

Endpoint-Security / Endpoint-Protection

Dass sich durch Homeoffice-Arbeitsplätze angesichts immer anspruchsvollerer Vorgaben des Gesetzgebers – hier sei etwa die Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) genannt – die Anforderungen an die Compliance erhöhen, versteht sich von selbst. Ein Ansatz ist die sogenannte Endpoint-Security oder Endpoint-Protection, über die Netzwerke von Laptops, Tablets, Handys und anderen Geräten gesichert werden sollen. Die Rechtevergabe obliegt dem Systemadministrator, der auch deren Einhaltung überprüft. Dabei können Vergehen gegen die Datensicherheit – etwa unbefugte Zugriffe auf sensible Daten – sofort verfolgt und geahndet werden – wichtig gerade im Hinblick auf die Wirtschaftsspionage. Es bestehen Verbindungen zum Cloud-Computing (Software as a Service, Infrastructure as a Service) und den Thin Clients im Unternehmen.

Self-Service (Low Code)

Low-Code-Plattformen sind grafische Entwicklungsinstrumente für Geschäftsapplikationen. Sie ermöglichen es, Softwareprogramme schnell und leicht zu erstellen und anzupassen. Dazu sind weder spezielle Programmierkenntnisse noch größere Erfahrungen nötig. Über offene Schnittstellen lassen sich bestehende Technologien und Anwendungen meist problemlos nutzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Unternehmen sind weniger abhängig von externen Dienstleistern, die Programme werden bis zu zehn Mal schneller erstellt, sie können auch von Mitarbeitern der Fachabteilungen geschrieben werden, wodurch sich der Graben zwischen IT-Abteilung und Fachabteilung verringert, die internen Entwickler können sich um die komplexeren Aufgaben kümmern.

Inkrementelle vs. disruptive Innovation / Bimodale IT

Während es beim inkrementellen Ansatz um schrittweise Optimierungen und Kostensenkungen geht (Beispiele Digital Workplace, Software as a Service, RPA), setzt der disruptive Ansatz auf dramatische Änderungen meist ganzer Geschäftsmodelle. Dementsprechend liegt im IT-Bereich die inkrementelle Innovation tendenziell beim CIO und der IT-Abteilung, während die disruptive Innovation eher Sache des Vorstands (und ggf. des CDO) ist. In den meisten Fällen geht es aber nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, da beide Ansätze ihre Vor- und Nachteile haben. Stichwort: Bimodale IT. Diese umfasst ein vorhersagbares Kernsystem einerseits und eine experimentelle, agile Form andererseits, die es erlaubt, mit den schnellen Veränderungen in der Geschäftswelt Schritt zu halten. Für die IT-Abteilung wie für die Unternehmen wird es darauf ankommen, den Spagat zwischen inkrementeller und disruptiver Methode zu meistern. //


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