FinTechs gehen mit frischen Ideen auf den Markt und verändern diesen nachhaltig. Neue Technologien offenbaren ihr disruptives Potenzial.
von Andreas Fuhrich
Zwar begann die Digitalisierung der Banken mit dem Online-Banking schon im letzten Jahrtausend, doch weitere Innovationen blieben lange aus. Für den Knotenpunkt aller Geldgeschäfte galt der Bankkunde als Selbstverständlichkeit und musste nicht mit technischen Neuerungen gebunden werden. Selbst das Online-Banking diente mehr dem Stellenabbau und der damit verbundenen Gewinnoptimierung als dazu, einen wirklichen Service anzubieten. Heute noch beworbene Tagesgeldkonten wirken wie absurde Überbleibsel aus der Zeit, in der sie mit lukrativen Zinsen als Online-Banking-Marketingmaschine fungierten.
Seit einigen Jahren verändert nun die aufstrebende FinTech-Branche den Finanzmarkt. Dem Kundenwunsch nach mehr digitalen Lösungen, der vor allem durch die Entwicklungen der Mobile Devices mit ständigem Internetzugriff noch verstärkt wird, soll entsprochen werden. Vormals ineffiziente und unflexible Geschäftsfelder werden revolutioniert oder zumindest den neuen technologischen Möglichkeiten angepasst. Die Finanzkrise 2008, das zerstörte Vertrauensverhältnis zu den Großbanken, diente dabei als Katalysator für die junge Branche, die offen in Konkurrenz zu den alteingesessenen Instituten tritt.
Durch den Druck der FinTechs und der Digitalisierung der Finanzbranche haben mittlerweile auch traditionelle Bankhäuser erkannt, dass sie aktuelle Techniken einsetzen müssen, um den Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen. Zwar arbeitet man jetzt verstärkt an der Modernisierung und Technologisierung der gesamten Dienstleistungskette, kann jedoch nicht mit der Innovationskraft eines agilen Start-ups mithalten. Verschärfte Regulierungen und neue BIZ-Eigenkapitalvorschriften erschweren den Prozess zusätzlich. Wohl deshalb treten viele Banken seit einiger Zeit nicht mehr nur als Konkurrent, sondern als Partner von FinTechs auf. So erhalten sie die Möglichkeit, zeitnah ihren Kunden Innovationen anzubieten, ohne eigene Forschung betreiben zu müssen. Auch FinTechs haben erkannt, dass durch Partnerschaften Win-win-Situationen entstehen. Die vielen Regularien machen es für Start-ups fast unmöglich, die Bedingungen für eine Banklizenz zu erfüllen, die für manche Dienstleistungen, wie z. B. die Kreditvergabe, aber zwingend erforderlich ist. Anstatt sich selbst mit den hohen Anforderungen auseinanderzusetzen, übernimmt jetzt die lizensierte Partnerbank die endgültige Abwicklung.
Die Innovationen der Finanztechnologie beginnen dabei gerade erst, die Branche immer stärker und immer schneller umzukrempeln. Eine accenture-Studie belegt, dass die Investitionen in FinTechs von weltweiten 1,791 Milliarden Dollar im Jahr 2010 auf über 22 Milliarden 2015 anwuchsen.(1)
Allein in den letzten beiden Jahren machten zwei Schlagwörter auf sich aufmerksam, denen ein ungeheures disruptives Potenzial zugesprochen wird. 2015 wurden weltweit über 800 Millionen Dollar in InsurTech-Start-ups investiert,(2) also in Unternehmen, die neue Lösungen für die Versicherungsbranche liefern. Laut einer McKinsey-Studie könnte dadurch in den nächsten zehn Jahren jeder vierte Arbeitsplatz in der westeuropäischen Versicherungsbranche verloren gehen.(3) 2016 sorgte der Begriff „Blockchain“ für Aufsehen. Ob die Technologie hinter dem Bitcoin tatsächlich dem disruptiven Potenzial gerecht wird, welches ihr zugesprochen wird, bleibt abzuwarten.
Quellen:
(1) accenture-Studie: „Fintech and the evolving landscape: landing points for the industry“ von: Julian Skan, James Dickerson und Luca Gagliardi, 2016. URL: https://www.fintechinnovationlablondon.co.uk/pdf/Fintech_Evolving_Landscape_2016.pdf (Abgerufen: 16. November 2016).
(2) Seite „Versicherungstechnologie“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. August 2016, 13:13 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Versicherungstechnologie&oldid=157401432 (Abgerufen: 16. November 2016, 09:44 UTC).
(3) McKinsey Studie: „Automating the insurance industry“ von: Sylvain Johansson und Ulrike Vogelgesang, 2016, URL: https://www.mckinsey.com/industries/financial-services/our-insights/automating-the-insurance-industry (Abgerufen: 16. November 2016).