Die Einsatzgebiete für Location-based Services sind vielfältig. Nicht nur im Bereich des Handels, sondern auch bspw. in Verwaltung und Kultur.
Die Redaktion im Gespräch mit Georgios Karachos, Gründer und Geschäftsführer der Qualigon GmbH, zu Trends im Rahmen der Indoor-Lokalisierung
Herr Karachos, für welche Anwendungsszenarien eignet sich Indoor-Lokalisierung?
Wir bekommen Lokalisierungsanfragen aus vielen unterschiedlichen Bereichen, wie Shoppingcentern, Krankenhäusern, Flughäfen, Messen, Museen, aus dem Büro- oder auch Facility-Management sowie der Industrie. Dabei haben die unterschiedlichen Szenarien individuelle Anforderungen an die Lokalisierung, einerseits bei der geforderten Genauigkeit, andererseits auch bei der Frage, ob Personen oder Güter lokalisiert werden sollen. Anhand dieser spezifischen Kriterien wählen wir die beste Lokalisierungs-Technologie aus und gewährleisten dem Kunden damit eine individuell angepasste Lösung und einen zuverlässigen Betrieb. Große Krankenhausanlagen haben zum Beispiel verzweigte und schwer zu findende Bereiche. Durch eine Lokalisierungslösung können Patienten gezielt zu den Behandlungsräumen geleitet werden. Dies ermöglicht einen reibungslosen Betrieb. Zusätzlich kann das Facility-Management unterstützt werden. Darüber hinaus ist es damit auch möglich, Objekte wie Defibrillatoren oder Krankenhausbetten zu lokalisieren. Auch in Shoppingcentern bietet die Nutzung eine Vielzahl von Vorteilen für den Betreiber und den Endkunden. Dies gilt natürlich auch für Filialketten. In beiden Szenarien gibt es vielfältige Anwendungen, dazu zählt primär die Navigation des Kunden zu diversen Zielen, wie zum Beispiel Shops, Stellplatz des eigenen Autos im Parkhaus oder Servicepoints. Im nächsten Schritt können die Kunden dann ebenfalls in den Shops zu bestimmten Bereichen geleitet werden. Lokalisierungstechnologien erleben aber auch durch Industrie 4.0 einen starken Aufschwung. Dabei unterscheiden wir den Bereich der Personenführung, wie zum Beispiel im Alleinarbeiterschutz, und den IoT-Bereich (Internet of Things), bei dem eine direkte Kommunikation zwischen den Maschinen (M2M) notwendig ist. Die Kenntnis der Position von Gütern und Geräten ist für einen optimierten Produktionsprozess ein immer wichtiger werdendes Kriterium. Ein weiterer Aspekt sind alle Messungen im Indoor-Bereich, die mit einer genauen Positionsinformation verknüpft werden müssen, zum Beispiel Analysen von Mobilfunk- oder WLAN-Netzen oder aber Umwelt-Analysen.
Wie könnten Shoppingcenter Lokalisierungstechnologien in ihre Wertschöpfungskette integrieren, um bestmögliche Kundenbindung zu erzeugen?
Center-Betreiber werden damit in die Lage versetzt, ihren Kunden ein neues Shopping-Erlebnis anzubieten. Der Kunde kann seinen Besuch zu Hause am PC vorplanen und sich über sein Smartphone vom Verlassen des eigenen Pkws bis zum Produkt durch das Center navigieren lassen. Das Center-Management sowie die jeweiligen Einzelhändler können anhand genauer Analysen der Kundenbewegungen eine vergleichsweise sichere Aussage über die Vorlieben und Verhaltensmuster des Kunden im Shoppingcenter treffen. Dies hilft, das Angebot besser auf den Kunden einzustellen, Stärken und insbesondere Schwachstellen zu identifizieren und die Effizienz von Marketingmaßnahmen einzuschätzen und zu optimieren. In Verbindung mit diversen Daten aus der geografischen und geschäftsspezifischen Umgebung des Objektes lässt sich deren Einfluss auf das Kaufverhalten, die Verweildauer des Kunden und die Umsätze der Retailer feststellen. Aus der Betrachtung mehrerer diesbezüglicher Zyklen lässt sich hier eine nützliche Prognose ableiten, die mittel- und langfristig eine Optimierung der Prozesse und Logistik des Retailers erlaubt. Darüber hinaus lässt sich in Verbindung mit einer entsprechenden Smartphone-Applikation, die die Navigations-Funktionalität enthält, die Kundenbindung erhöhen. Auch können Produkte und Dienstleistungen über dieses Medium personalisiert beworben werden. Shoppingcenter können ihre Besucher-Bereiche als virtuelle Marketing-Flächen anbieten. Ein zusätzlicher, nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt für den Shoppingcenter-Betreiber ist hier die Möglichkeit, diese Marketingflächen an interne und externe Retailer und Dienstleister zu vermieten und somit die Investitionen in das System refinanzieren zu können.
Was für einen konkreten Nutzen hat der Endanwender – wie hilft ihm die Lösung?
Im Shoppingcenter kann der Endkunde zunächst auf einfache Art und Weise seine bevorzugten Shops und gewünschte Servicepoints im Shoppingcenter finden. Ganz besonders positiv wird der Kunde diese Funktionalität insbesondere in größeren und unübersichtlichen Shoppingcentern empfinden. Des Weiteren ist die Möglichkeit gegeben, in Parkhäusern, die größtenteils nur noch schwer zu unterscheidende Bereiche aufweisen, sein Auto schnell und unkompliziert wiederzufinden. Ein Vorteil, den jeder Kunde insbesondere nach der ersten Erfahrung einer längeren Suche nach seinem Fahrzeug in einem großen Parkhaus zu schätzen wissen wird. Im Krankenhaus können Patienten und Besucher geführt werden. Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall ist das Auffinden von Gerätschaften, wie Defibrillatoren und Betten, sowie das Überwachen von Blutkonserven. Krankenhausbetreiber können auf skalierbare Lösungen zurückgreifen. Daneben ist auch die Navigation des Facility-Managements und von Maintenance-Mitarbeitern zu bestimmten Wartungspunkten ein wichtiges Anwendungsszenario, da so auch Externe schnell und eindeutig zu ihren Arbeitsstellen geführt werden können, ohne komplizierte Pläne oder Personal des Auftraggebers nutzen zu müssen. In der Industrie unterstützen Lokalisierungs-Systeme den Alleinarbeiter in kritischen Situationen. Auch bei der Lagerhaltung optimieren wir bereits vorhandene IT-Lösungen.
Wie verläuft die konkrete Implementierung vor Ort?
Im ersten Schritt nehmen wir die Anforderungen des Kunden auf und spezifizieren gemeinsam das komplette System. Basierend auf diesen Informationen stellen wir aus unserem Portfolio die passenden Technologien zusammen. Je nach Szenario können wir dabei die Anforderung des Kunden an die Genauigkeit bis hin zu zehn Zentimetern abdecken. Unter Umständen sind in dem Implementierungsprozess auch Anpassungen an bereits vorhandene IT-Systeme des Kunden notwendig. Anschließend planen wir die Infrastruktur für die Lokalisierung mit Funkplanungs-Software basierend auf den beschriebenen Genauigkeits-Anforderungen. Schließlich erfolgt die Installation der benötigten Infrastruktur. Parallel zu diesen Schritten wird eine eigene mobile App für den Kunden erstellt oder eine bereits bestehende erweitert. Nach einer Qualitäts-Überprüfung des kompletten Systems und natürlich auch der Genauigkeit kann der Kunde das System übernehmen. Zusätzlich bieten wir die vollständige Wartung oder auch den Betrieb des Systems an.
Kernaussagen
- Durch die Indoor-Lokalisierung können in Gebäuden Personen geführt und Güter lokalisiert werden.
- Indoor-Lokalisierungs-Lösungen sind dabei, in den Bereichen Industrie, Gesundheitswesen sowie Groß- und Einzelhandel zum Standard zu werden.
- Indoor-Lokalisierung vereinfacht und optimiert in Verbindung mit Business-Intelligence die Prozessabläufe in unterschiedlichen Szenarien.
- Indoor-Lokalisierungs-Systeme erhöhen die Arbeitssicherheit.
- Durch Indoor-Lokalisierung können neue Dienste generiert und bereits bestehende Dienste erweitert werden.
Wie wird sich die Technologie weiterentwickeln?
Wir erwarten, dass die Lokalisierungs-Technologie immer stärker zu einem Standard ähnlich wie GPS wird. Die für die Lokalisierung verwendete Infrastruktur wird ein integraler Bestandteil der Gebäudetechnik wie zum Beispiel eine Brandmeldeanlage sein und wird mit anderen Komponenten, im Rahmen von Smart Buildings, interagieren. Hier erwarten wir nach wie vor energiesparende, kostengünstigere, noch leistungsfähigere Geräte und sich daraus ergebende neue Möglichkeiten. Wir erkennen, dass die unterschiedlichen Sparten ein starkes Interesse an den Diensten, die die Lokalisierung bietet, haben. Das sind neben den erwähnten Dienstleistungen für den Besucher oder dem Auffinden von Gütern und Waren ganz besonders die positionsbezogenen Analysen. Durch diese neuen Datenquellen ergeben sich moderne Dienste-Dimensionen, die von der Business-Intelligence über Marketing, Asset-Tracking bis hin zur Security und Arbeitssicherheit reichen. Wir beschäftigen uns schon lange mit Business-Intelligence in Verbindung mit Positionsdaten und bieten auch diese komplexen Prozesse und Analysen aus einer Hand. Die steigende Nachfrage zeigt, dass Lokalisierungs-Dienste, wie z. B. das Tracking von Assets, zu einem Standard werden. Durch die beständige Optimierung dieser Bereiche sind unsere Kunden für das Zeitalter der digitalen Transformation gerüstet.
Wäre eine „Kopplung“ mit anderen Navigationslösungen denkbar?
Wir können die Indoor-Lokalisierungs-Technologien z. B. mit den bekannten GPS-Systemen verknüpfen. Damit ist ein nahtloser Übergang zwischen der Indoor- und Outdoor-Lokalisierung möglich. Dies erspart dem Kunden die Notwendigkeit, den Outdoor-Bereich, wie z. B. Lagerflächen, Parkanlagen oder Außenparkplätze, mit Infrastruktur auszustatten. Bei einer Integration der unterschiedlichen Dienste in schon bestehende Systeme ist es auch möglich, den Kunden, der mit dem Auto kommt, bis zum Parkhaus zu leiten. Von dort übernimmt sein Smartphone die Navigation durch die Fußgängerzone oder das Shoppingcenter bis zum Regal, in dem das Produkt zu finden ist. Mit entsprechenden Informationen ist die mobile App in der Lage, den Kunden zu einem freien Parkplatz zu führen, der den kürzesten Weg zum Shop mit dem ausgewählten Produkt aufweist.
Bieten Sie Schnittstellen für App-Entwickler, Ihre mit dem Fraunhofer IIS gemeinsam entwickelten Technologien und Dienste zu nutzen?
Das System bietet verschiedene Schnittstellen, die auch von externen App-Entwicklern genutzt werden können, um ihre Applikationen mit der Lokalisierungs-Technologie zu erweitern. Dies ist auch notwendig, da viele Kunden bereits eigene mobile Applikationen besitzen, die um die Lokalisierungsmöglichkeit angereichert werden sollen. Basierend auf den Anforderungen passen wir auch die Schnittstellen an bestimmte bereits im Unternehmen genutzte Systeme an.
Wie stellen Sie sicher, dass die Dienstequalität gewährleistet wird?
Lokalisierungs-Systeme bestehen in der Regel aus mehreren Modulen wie Infrastruktur, gegebenenfalls Apps für Smartphones, diversen Server-Komponenten und den bereits angesprochenen Schnittstellen zu anderen Systemen. Um die Qualität der zugehörigen Dienste gewährleisten zu können, müssen die einzelnen Module fehlerfrei zusammenwirken. Für den Kunden übernehmen wir die Installation, den Betrieb und die Wartung der Infrastruktur. Somit ist die Lokalisierungs-Genauigkeit, welche zum Beispiel für Business-Intelligence-Systeme maßgeblich ist, nicht nur einmalig nach der Installation, sondern auch für die Zukunft gewährleistet. Für die Sicherstellung der Netzqualität überprüfen wir die vorhandenen WiFi- und Mobilfunknetze durch eigene Messsysteme. Dabei ergibt sich in der Regel ein Optimierungsbedarf der Netze, um die Kundenanforderungen erfüllen zu können. Auch bei der Implementierung liefern wir unseren Beitrag zur Sicherstellung der Quality of Experience. Hier begleiten wir die Entwicklung der Applikationen und die damit verbundenen Dienste durch das automatisierte Testen auf einer Vielzahl von Smartphones und Tablets. Um eine fehlerfreie Kommunikation zwischen Applikation und Server-Komponente gewährleisten zu können, führen wir ein kontinuierliches Monitoring von Diensten durch. Damit stellen wir die vom Kunden gewünschte Qualität sicher. Natürlich sind bei den angesprochenen Komponenten die Security sowie der Datenschutz wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Wir arbeiten hier mit spezialisierten Partnern zusammen, die uns dabei unterstützen, den Kunden den bestmöglichen Service zu bieten.
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