Dem Kunden mithilfe digitaler Technologien Einkaufserlebnisse zu bieten, die ihm im Gedächtnis bleiben, ist die heutige Herausforderung.
von Frank Zscheile
Der Kunde ist König, diese Weisheit gilt im Handel im Grunde schon immer (den real existierenden Sozialismus einmal außen vor gelassen). Seit einiger Zeit nun erfährt sie gleichsam eine Renaissance. „Customer-Centricity“ heißt es heute, wenn Unternehmen ihre gesamte Kultur, Strategie und damit Wertschöpfungskette an den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden ausrichten.
Dass „Customer-Centricity“ über den bloßen Begriff des „König Kunde“ hinausführt, liegt an der digitalen Transformation. Deren neue Techniken versetzen Handelsunternehmen in die Lage, Customer-Journey und Customer-Experience positiv zu beeinflussen. Wenn sie etwa die ureigenen Vorteile des stationären Geschäfts geschickt mit den Möglichkeiten der Online-Welt verknüpfen. Oder durch digitale Technologien die „echten“ Bedürfnisse ihrer Kunden auf bisher nicht gekannte Weise erschließen. Entlang von Touchpoints im Laden oder durch Online-Befragungen lässt sich die Kundenhistorie sehr engmaschig erstellen.
Customer -Centricity bedeutet also weit mehr als bloße Neugestaltung von Sortiment, Ladenfläche oder Werbemaßnahme. Es findet im Handel vielmehr ein Kulturwandel statt, der auf den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung basiert. Sie stellt Unternehmen vor bislang ungekannte Herausforderungen: Märkte werden transparent und schnelllebig und was heute angesagt ist, kann schon morgen überholt sein. Touchpoints entlang der Customer-Journey wollen erschlossen und bedient werden. Lokale Händler müssen sich der Konkurrenz global agierender Internetkonzerne stellen. Neue Medien, moderne Kommunikationskanäle, Internet of Things und die Methoden für Echtzeitanalysen riesiger Datenbestände kommen als Technologien zum Einsatz. Sie setzen die Trends und schaffen gleichzeitig neue Geschäftsmodelle.
Der Handel der Zukunft, er entsteht in diesem Moment! Wer hier mithalten will, muss auf die digitale Transformation setzen. Denn wie selbstverständlich tragen die Kunden ihre gestiegenen Erwartungen aus dem privaten Umfeld an den Handel heran: Eine direkte und individualisierte Kommunikation, wie sie sie aus sozialen Medien kennen; Produkte und Services, die sie jederzeit, mobil und auf einfache Art und Weise einsehen, bestellen und bewerten können – dies möchten sie bitte auch von ihrem Händler geboten bekommen. Wer agil ist und mit den passenden Methoden den Kunden ins Zentrum rückt, hat dabei die entscheidenden Erfolgsfaktoren auf seiner Seite.
Weiterführende Reportagen aus TREND REPORT
Heft 3/2015 „Vernetzte Gesellschaft“
„Handel mit Zukunft“, Autor Chris Löwer
https://trendreport.de/handel-mit-zukunft/
Heft 1/2016 „Creative Companies“
Reportage „Future Store“, Autor Chris Löwer
https://trendreport.de/future-store-handel-mit-zukunft/
Heft 3/2016 „#DigitaleTransformation“
„Future Store 2.0 – Handel mit Zukunft“,
Autor Frank Zscheile
https://trendreport.de/future-store-2-0-handel-mit-zukunft/
Dem Kunden mithilfe digitaler Techniken neue Kundenerlebnisse zu verschaffen, ist also die heutige Herausforderung für Handelsunternehmen. Dass dafür Kundendaten benötigt werden – und zwar je mehr, desto besser–, darin sehen Fachleute derzeit allerdings noch einen Hemmschuh bei der digitalen Transformation. Zumindest bei deutschen Unternehmen, die der internationalen Konkurrenz an dieser Stelle noch hinterherlaufen. Zwar plaudern die Menschen auf Facebook & Co. Intimes in großer Menge heraus, gleichzeitig sorgen sie sich aber um die Sicherheit und Verwertung einmal preisgegebener Daten.
Flankiert wird diese Haltung durch eine in Deutschland starke Regulierung der Datenverwendung. Da fällt es schwer, mal eben ein digitales Profil des Kunden anzulegen, um ihn besser kennenzulernen und damit bedienen zu können. Die Unternehmen wissen dies und fordern von ihren Kunden folglich weniger Daten ein, als sie für den Aufbau neuer Geschäftsmodelle eigentlich bräuchten. Bis also Systeme zur Vorhersage des Kaufverhaltens („Predictive Marketing“) nicht nur im angelsächsischen und asiatischen Raum, sondern auch hierzulande im Sinne der digitalen Transformation eingesetzt werden, braucht es wohl noch einige Zeit.